megafon | Feministischer Kubus auf der Schützenmatte

24. Juni 2021

Feministischer Kubus auf der Schützenmatte

Text & Illu: daf

Zwei Tage nach dem Feministischen Streiktag (Frauenstreik) treffe ich Alex (sie) und Miri (sie) im Aussenbereich der Dampfzentrale zum Interview. Die beiden Aktivistinnen haben mit ihrem Kollektiv am 14. Juni auf der Schützenmatte eine Installation aufgestellt. Passant*innen wurden dazu eingeladen, zu basteln und so auszudrücken, wie sie durch patriarchale Strukturen unterdrückt werden. Vor einem Jahr haben wir das Kollektiv schon mal interviewt, damals sprachen wir über ihre Demonstration und wie sie sich als neues Kollektiv organisiert haben. Nun wollen wir ihre (Kunst) Installation beleuchten und fragen: Was hat es damit auf sich?

M*Wer seid ihr?

Wir sind ein Kollektiv, dass sich durch unseren Freundinnenkreis gebildet hat und ursprünglich aus einem Lesekreis entstanden ist. Wir lesen und diskutieren feministische, anarchistische und antirassistische Theorie und Literatur. Angefangen hat alles 2018 als Lesezirkel von Freundinnen. Durch die Auseinandersetzung mit Feminismen      und vielen Diskussionen, haben wir uns aus dieser Gruppe heraus gemeinsam für den feministischen Streik am 14. Juni 2019 vorbereitet. Ein Jahr später, im Corona-Jahr, haben wir einen Umzug organisiert (das megafon hat berichtet).
Diese Demo mit so vielen FINTAQ’s und einigen solidarischen Männern hat uns viel Energie gebracht und so entschieden wir uns,  ein Kollektiv zu gründen. Im vergangenen  Jahr haben wir uns hauptsächlich auf interne Auseinandersetzungen fokussiert und wollten herausfinden, wer wir sind, was wir wollen, wie wir uns organisieren möchten und wie wir in die Öffentlichkeit treten wollen. Vielleicht kam dabei die Praxis etwas zu kurz. Als Kollektiv war die Installation das einzige, was wir in diesem Jahr nach aussen getragen haben.

M* Kam euch die Pandemie dazwischen?

Ja, es war nur schwer möglich Veranstaltungen durchzuführen. Nach der Demo 2020 haben wir uns mit der Frage beschäftigt: «Wie können Cis-Männer sich solidarisch an feministischen Kämpfen beteiligen? Dazu wurde viel diskutiert und als Kollektiv haben wir dann einen Workshop für Cis-Männer konzipiert, diesen konnten wir Pandemie bedingt leider noch nicht anbieten. Uns ist es wichtig, dass Cis-Männer sich mit ihren Privilegien auseinandersetzen und diese kritisch reflektieren. Wie auch wir unsere Privilegien reflektieren müssen, da unser Kollektiv mehrheitlich aus Menschen mit höherer Bildung und bürgerlichem Hintergrund besteht, was unsere Perspektive natürlich auch einschränkt.

M* Was hat es mit eurer Installation auf sich?

Für den feministischen Streiktag  haben wir einen Holz Kubus mit violettem Stoff eingefasst und diesen auf  die Schützenmatte gestellt. Dazu haben wir einen Tisch mit Bastelzeug und Gegenständen bereitgestellt, die symbolisch für patriarchale Unterdrückungsmechanismen stehen. Highheels, Pushup-BHs, einen Epilierer, parfümierte Binden, Modemagazine, blonde Barbies etc.. Diese Gegenstände konnten die Besuchenden verändern, neugestalten oder auch kaputt machen und dann am Kubus anheften. So veränderte sich im Verlauf des 14. Junis unser Kubus und wurde immer voller mit den verschiedenen Kreationen. Uns ist es aber auch wichtig zu betonen, dass Highheels nicht per se unterdrückend sein müssen, es kann durchaus     ermächtigend sein, Highheels und Pushup zu tragen.  Aber der Anspruch, der diese Gegenstände auf FINTAQ Personen haben kann, ist oft unterdrückend: Frauen müssen lange Beine haben und elegant sein. Ein BH mit Polster vermittelt die Norm, dass eine Frau grosse Brüste haben müsse.

M* Was war für euch persönlich wichtig an der Installation?

Uns war es wichtig aufzuzeigen, was der Kapitalismus für einen Einfluss auf den weiblichen Körper hat. Dinge wie Menstruation, Blut, Körperhaare und Zellulite werden tabuisiert. Andere Dinge wie grosse Brüste, schmale Taille und enthaarte Beine werden idealisiert. Es war krass, dass die Menschen die mitgebastelt haben, fast alle einen Rasierer an den Kubus angebracht haben. Dies zeigt auf, dass viele Personen die gleichen Unterdrückungserfahrungen machen und wir ein kollektives Verständnis dafür haben, was als Schönheitsideal gilt und was davon abweicht. Ziel dieser Aktion war es, dem resultierenden Leidensdruck Ausdruck zu verleihen. Ansonsten geschieht diese Auseinandersetzung oft auf eine sehr intellektuelle Art und Weise. Wir wollten dies mit alltäglichen Gegenständen veranschaulichen und Besuchenden die Möglichkeit bieten, sich der Thematik kreativ und spielerisch anzunähern.
Eine Person hat eine Barbie mit Kleister neu modelliert, so dass sie nicht diesem kapitalistisch geschaffenen Idealbild entspricht. So hat sie Po, Hüfte und Bauch vergrössert, ihren Hautton verändert und Haare an die glatte Plastik-Haut geklebt.

M*  Wieso habt ihr euch für diese Art der Aktion entschieden?

Wir überlegten uns, ob wir eine legale angemeldete Aktion machen oder nicht. Dabei haben wir uns letztendlich  für eine Aktion entschieden, die für möglichst viele Menschen zugänglich ist. Freund*innen mit keinem sicheren Aufenthaltsstatus können es sich nicht leisten von Repression betroffen zu sein, weshalb wir einen möglichst niederschwelligen Zugang bieten wollten.

M* Was würdet ihr nächstes Mal anders machen an eurer Installation?

Wir haben uns zu wenig mit anderen Gruppen vernetzt. Wenn wir das getan hätten, wären vielleicht mehr Menschen auf unseren Kubus aufmerksam geworden und so hätten sich mehr Leute beteiligt und es hätte mehr Begegnungen gegeben. Jetzt mit zwei Tagen Abstand müssen wir auch sagen, dass unsere Aktion recht grob angedacht war. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir beispielsweise auch zu Care-Arbeit was gemacht hätten. Wir möchten in Zukunft unsere Kämpfe mit anderen Menschen verbinden.

M* Wie geht es weiter?

Wir möchten neue Aktionen planen und unsere Kommunikation verbessern. Momentan haben wir noch keinen Namen und keine offiziellen Kanäle. Wir freuen uns immer wenn neue Mitstreiter*innen uns anschliessen möchten. Falls ihr Interesse habt, könnt ihr euch ja beim megafon melden. Sobald wir eigene Kanäle haben, werden wir uns melden! Stay tuned.

 

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